Die derzeit angespannte Wirtschaftslage stellt immer mehr Unternehmen vor große Herausforderungen. Nicht nur das eigene Geschäft ist negativ beeinträchtigt, sondern es geschieht auch immer häufiger, dass Kunden die gesetzten Zahlungsfristen versäumen. Sollte der eigene Mahnprozess erfolglos bleiben, bleibt am Ende oft nur noch der gerichtliche Weg. Wir erklären Ihnen in diesem Artikel alles zum Thema gerichtliches Mahnverfahren: Ablauf, Kosten und Zuständigkeiten.

Damit sind Sie von Anfang an bestens informiert und können die richtigen Schritte einleiten, um letztlich doch noch an Ihr Geld zu kommen. Beachten Sie jedoch, dass ein cleveres Mahnwesen seitens des Unternehmens stets die erste Wahl sein sollte.

 

Wie kommt es zu einem Mahnverfahren?

Zunächst gilt es, zwischen zwei wichtigen Begriffen zu unterscheiden. Zum einen gibt es den internen Mahnprozess oder das Mahnwesen seitens des Unternehmens, wobei kein Gericht oder Amt involviert ist. Es steht jedem Betrieb frei, seine Kunden zu mahnen oder nicht – eine gesetzliche Vorgabe existiert nicht. Ebenso können Kunden in Zahlungsverzug geraten, ohne von dem Unternehmen abgemahnt zu werden.

Zum anderen gibt es die Option auf ein gerichtliches Mahnverfahren, wobei sich Ablauf und Zuständigkeiten nach den gesetzlichen Vorgaben richten. Ein Kunde muss darauf reagieren, wenn er nicht das Risiko einer späteren Zwangsvollstreckung in Kauf nehmen möchte. Im Vergleich zu einer Klage ist dieses Mahnverfahren mit weitaus geringeren Aufwänden verbunden und somit im Geschäftsalltag durchaus praktikabel.

Aber wie genau kommt es zu einem solchen gerichtlichen Mahnverfahren? Gerät ein Kunde in Zahlungsverzug, kann jedes Unternehmen daraufhin einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids beim zuständigen Amtsgericht stellen. Damit setzt es das Mahnverfahren und den weiteren Ablauf in Gang, worauf wir im Nachfolgenden noch etwas genauer eingehen wollen.

 

Forderungen geltend machen und nicht verjähren lassen

Zunächst ist es allerdings ausgesprochen wichtig, stets auf die Verjährungsfrist einer offenen Forderung zu achten. Viele Unternehmen setzen bei säumigen Kunden auf mehrstufige und langwierige interne Mahnprozesse, bei denen oft Monate oder sogar Jahre verstreichen können. Manche Kunden schaffen es nämlich, das Mahnwesen sprichwörtlich an der Nase herumzuführen.

Aber die meisten Forderungen verjähren innerhalb von drei Jahren, daran ändert auch eine Zahlungsaufforderung oder Mahnung seitens des Unternehmens nichts. Um die Verjährungsfrist zu verlängern, müssen Gläubiger zu anderen Mitteln greifen. Dazu gehören die folgenden Maßnahmen:

  • Teilzahlung einfordern: Sollte der Kunde einen Teil der Gesamtsumme begleichen, beginnt die komplette Verjährungsfrist von neuem. Wie hoch dieser Teilbetrag ist, spielt dabei keine Rolle.

  • In Verhandlungen gehen: Solange sich das Unternehmen als Gläubiger nachweislich in Verhandlungen mit dem Kunden befindet, schiebt das die Frist der Verjährung auf.

  • Gerichtliches Mahnverfahren anstoßen: Sobald dieser Ablauf beginnt, kann die Forderung nicht mehr verjähren. Im weiteren Prozess wird dann die Zahlungsverpflichtung geklärt.

Zudem besteht die Möglichkeit einer gerichtlichen Klage, die ebenfalls die Verjährungsfrist außer Kraft setzt. Da diese Maßnahme in der Regel viel Zeit in Anspruch nimmt und hohe Anwaltskosten verursacht, lohnt sie sich nur in den wenigsten Situationen – ein gerichtliches Mahnverfahren ist meistens die bessere Option.

 

Das zuständige Amtsgericht für ein gerichtliches Mahnverfahren

Dank der zunehmenden Digitalisierung ist es heute ausgesprochen einfach, das zuständige Amtsgericht zu ermitteln und zu kontaktieren. Es gibt nämlich nur noch eines pro Bundesland: das zentrale Mahngericht. Im offiziellen Portal der Mahngerichte finden Sieauf einen Blick den richtigen Ansprechpartner sowie die Möglichkeit, direkt online den Mahnbescheid zu beantragen.

Daraufhin beginnt der weitere Ablauf im Mahnverfahren, bei dem beide Seiten ihren Standpunkt darstellen können. Beachten Sie, dass eine mögliche Verjährungsfrist erst mit dem Eingang des Antrags und nicht bereits mit dem Stellen des Antrags greift. Bei einer anstehenden Verjährung muss der Antrag also rechtzeitig gestellt bzw. eingereicht werden, damit er nicht zu spät beim Amtsgericht eingeht.

 

Exemplarischer Ablauf eines gerichtlichen Mahnverfahrens

Wenn ein Kunde in Zahlungsverzug gerät, kann das Unternehmen als Gläubiger ein gerichtliches Mahnverfahren einleiten. Eine vorherige Mahnung ist dabei meistens nicht notwendig (aber dennoch üblich), sofern bereits auf der Rechnung ein konkretes Zahlungsziel genannt wurde.

1. Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids stellen

Im ersten Schritt beginnt der Prozess mit der Antragstellung. Das Unternehmen muss beim zuständigen Amtsgericht (siehe oben) einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids stellen, für den die wesentlichen Informationen zur Beschreibung des Sachverhalts notwendig sind. Im Mahnportal finden sich hierfür alle Vordrucke als Download.

Wer bereits vollkommen digital ist und eine Signaturkarte besitzt, kann den Antrag sogar gleich online abschicken. Ausdrucken und Zuschicken sind somit nicht mehr notwendig. Das Mahnportal bietet ebenfalls praktische Tipps zum Ausfüllen des Antrags an, sonst kann das zuständige Amtsgericht Ihnen weiterhelfen. Im Zweifelsfall kann eine kurze Absprache niemals schaden.

2. Zahlung seitens des Schuldners, oder nicht?

Nachdem der Antrag gestellt wurde, erfolgt die Zustellung des Mahnbescheids durch das jeweilige Amtsgericht. Der weitere Ablauf des gerichtlichen Mahnverfahrens wird durch diesen Schritt erheblich beeinflusst, denn der säumige Kunde hat drei Möglichkeiten, darauf zu reagieren. Wenn er die offene Forderung begleicht, ist der Prozess schon wieder vorbei. Sollte er den Bescheid ignorieren, geht der Prozess in den dritten Schritt (Vollstreckungsbescheid beantragen).

Der Kunde hat aber immer 14 Tage Zeit, dem Bescheid zu widersprechen. Ein gerichtliches Mahnverfahren geht nach dem Widerspruch in ein Klageverfahren über, bei dem das zuständige Amtsgericht beide Seiten anhört und die Beweislage bewertet. Ein Anwalt muss hierfür nicht extra engagiert werden, selbst wenn es in den meisten Fällen hilfreich wäre. Aus der Entscheidung des Amtsgerichts ergibt sich anschließend ein Urteil, das einen vollstreckbaren Titel zur Folge haben kann.

3. Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids stellen

Viele gerichtliche Mahnverfahren sind nach der Zustellung des Mahnbescheids bereits abgeschlossen, weil die Kunden daraufhin oft die Zahlung leisten. Fehlt allerdings schlichtweg das Geld, lassen säumige Schuldner für gewöhnlich die 14-tägige Reaktionszeit verstreichen. Das ermöglicht dem Unternehmen im nächsten Schritt, einen Vollstreckungsbescheid zu beantragen.

Der Antrag selbst ist Teil der Unterlagen des Mahnbescheids und kann nach Ablauf der 14-tägigen Frist gestellt werden. Dieser ist die Grundlage für den späteren Vollstreckungstitel, der eine Zwangsvollstreckung erlaubt. Der säumige Kunde muss zuvor eine Ausfertigung davon erhalten, auf die er wiederum binnen 14 Tagen reagieren kann. Für die Zustellung kann ein Gerichtsvollzieher oder das Amtsgericht infrage kommen.

4. Die Zwangsvollstreckung 

Sollte der Kunde trotz Mahn- und Vollstreckungsbescheid weiterhin nicht zahlen oder nicht reagieren, kann das Unternehmen im letzten Schritt einen vollstreckbaren Titel erwirken. Gleiches trifft übrigens zu, wenn der Kunde nach einem Widerspruch den Prozess verliert und das Gericht ein entsprechendes Urteil ausstellt. Mit dem vollstreckbaren Titel in der Hand kann eine Zwangsvollstreckung erwirkt werden.

Wenn der Kunde nicht zahlungsfähig ist, kommt es häufig zur Sach- oder Mobiliarvollstreckung, zur Forderungsvollstreckung oder sogar zu einer Zwangsversteigerung durch einen Gerichtsvollzieher. Das Unternehmen hat dadurch die Chance, die komplette Forderungssumme oder zumindest einen Teilbetrag wieder hereinzuholen. Da der vollstreckbare Titel 30 Jahre lang gültig ist, besteht kaum die Gefahr einer Verjährung.

 

Kosten eines gerichtlichen Mahnverfahrens

Die Kosten des Mahnverfahrens bewegen sich bei 36 bis 513 € und sind abhängig von der Höhe der offenen Forderung, um die sich das Verfahren dreht. Glücklicherweise erfasst das Amt beim Ablauf eines gerichtlichen Mahnverfahrens bereits alle anfallenden Gerichtskosten, die es in den Mahnbescheid mit aufnimmt. Ein säumiger Kunde sieht auf dem Bescheid also sofort die zusätzlichen Kosten, die durch den Prozess entstehen.

Wenn nämlich seine Schuld festgestellt wird, er zahlt oder den Prozess nach einem Widerspruch verliert, muss er nicht nur die offene Forderung begleichen, sondern auch die Gerichtskosten des Mahnverfahrens tragen. Das ist insbesondere für Endkunden oft ein zusätzlicher Anreiz zur zügigen Zahlung. Verliert hingegen das Unternehmen als Gläubiger den Prozess, muss es wiederum für die Kosten des gerichtlichen Mahnverfahrens aufkommen.

 

Checkliste zum Ablauf eines gerichtlichen Mahnverfahrens

Ein gerichtliches Mahnverfahren hat einen vordefinierten Ablauf, bei dem man auf einige wichtige Punkte achten muss. Deswegen möchten wir Ihnen als Übersicht noch eine praktische Checkliste an die Hand geben, damit Sie keinen wichtigen Schritt vergessen.

Checkliste zum gerichtlichen Mahnverfahren:

  • Befindet sich der Kunde im Zahlungsverzug? Das ist immer dann der Fall, wenn er ein klar gesetztes Datum bzw. eine Zahlungsfrist versäumt oder nach einer Mahnung des Unternehmens.

  • Ist die Forderung eventuell bereits verjährt? In der Regel haben Sie drei Jahre lang Zeit, eine offene Forderung geltend zu machen. Ein gerichtliches Mahnverfahren verlängert jedoch diese Frist.

  • Haben Sie einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids beim zuständigen Amtsgericht gestellt? Alle Vordrucke finden sich heutzutage online bei den Mahngerichten.

  • Hat der Schuldner die 14-tägige Frist nach Erhalt des Mahnbescheids verstreichen lassen? Dann können Sie als Nächstes einen Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids stellen.

  • Wenn selbst dieser Bescheid ohne Antwort bleibt, ist der Vollstreckungsbescheid gültig. Mit diesem haben Sie einen vollstreckbaren Titel und können einen Gerichtsvollzieher beauftragen.

  • Vorsicht: Legt der säumige Kunde innerhalb der 14-tägigen Frist einen Widerspruch gegen den Mahn- oder Vollstreckungsbescheid ein, folgt ein ordentliches Gerichtsverfahren.

 

Sonderfall: Ein Mahnverfahren in einem anderen EU-Staat 

Manche Unternehmen haben nicht nur mit Kunden aus Deutschland zu tun, sondern sind in ganz Europa aktiv. Leider sind die deutschen Mahngerichte aber nur für Schuldner mit Wohnsitz innerhalb Deutschlands zuständig, dennoch ist nicht alle Hoffnung verloren. Innerhalb der EU gibt es nämlich ein europäisches Mahnverfahren, das dem Deutschen sehr ähnlich ist.

Es gibt also eine kostengünstige Methode, um einen säumigen Schuldner im EU-Ausland gerichtlich zu mahnen. Das Amtsgericht in Berlin-Wedding wurde mit dieser Aufgabe beauftragt und hilft Unternehmen aus Deutschland, ihre offenen Forderungen im EU-Ausland durchzusetzen. Informieren Sie sich vorab zu allen notwendigen Schritten und Unterlagen direkt auf der angegebenen Webseite.

 

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Management Summary

  • Ein gerichtliches Mahnverfahren ist eine sinnvolle Maßnahme, um offene Forderungen von Kunden im Zahlungsverzug eintreiben zu können.

  • Das zuständige Amtsgericht stellt auf Antrag einen gerichtlichen Mahnbescheid aus, auf den ein säumiger Kunde reagieren muss – sonst drohen weitere Kosten oder eine Vollstreckung.

  • Viele Kunden erkennen erst jetzt den Ernst der Lage und begleichen zügig die offene Forderung. Zwangsvollstreckungen sind glücklicherweise eher die Ausnahme.

  • Mit einem vorausschauenden Forderungsmanagement und cleverem Mahnwesen müssen Sie nur im Notfall ein gerichtliches Mahnverfahren samt dem langwierigen Ablauf anstreben.

  • Die moderne AR-Automation-Software von Bilendo unterstützt Ihr Unternehmen dabei, dank automatisierter Mahnprozesse offene Forderungen zügig einzuholen und Forderungsausfälle effizient zu minimieren.

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